Heidi Neumann Wirsing: Einblick in die Methode "Das Ressourcenohr" inklusive Video
Das Ressourcenohr: Systemische Supervisionsmethode für lösungsfokussierte Fallarbeit | ABIS Leipzig
Das kennt jede:r Supervisor:in: Eine Fallgeberin erzählt von einem 'hoffnungslosen Fall' – und während sie spricht, verfestigt sich der Blick auf das Problem. Die Schwierigkeiten werden größer, die Lösungen unsichtbarer. Was, wenn es einen Weg gäbe, genau in diesem Moment die verborgenen Ressourcen herauszuhören?"
Wie gelingt es in der Supervision, die Schwere einer Situation zu würdigen und gleichzeitig den Blick konsequent auf Lösungen zu richten?
Genau hier setzt das Ressourcenohr an, eine der wirksamsten Methoden der lösungsfokussierten Supervision. Entwickelt von Nicole Bellaire auf Basis der Arbeiten von Insoo Kim Berg und in der Praxis erprobt durch Heidi Neumann-Wirsig, eine der führenden Stimmen der systemischen Supervision in Deutschland.
Im November durften wir Heidi Neumann-Wirsig im ABIS Leipzig begrüßen. In ihrem Workshop mit Teilnehmenden aus ganz Deutschland erklärte sie live die Ressourcenohr-Methode.
Wir haben die Kamera mitlaufen lassen, damit Sie diesen Impuls direkt für Ihre Arbeit mitnehmen können.
Video: Das "Ressourcenohr" live erklärt
Deep Dive: Was ist das "Ressourcenohr"?
Das Ressourcenohr ist eine Supervisionsmethode aus der lösungsfokussierten Beratung. Sie hilft Supervisor:innen, während einer Problembeschreibung gezielt auf Stärken, Kompetenzen und Lösungsansätze zu achten statt nur Schwierigkeiten wahrzunehmen.
Kernprinzip: Während eine Supervisandin ihren "schwierigen Fall" schildert, hören die anderen bewusst mit dem "Ressourcen-Ohr" statt mit dem "Problem-Ohr" zu.
Entwickelt von: Nicole Bellaire (basierend auf Insoo Kim Berg)
Vertieft durch: Heidi Neumann-Wirsig
Anwendungsbereich: Fallsupervision, Teamsupervision
Dauer: Ca. 30 Minuten pro Durchführung
Transkript zeigen - Video: Das "Ressourcenohr" live erklärt
Transkript: Das Ressourcenohr - Heidi Neumann Wirsig
Also, das ist auch wieder ein klassisches Beispiel für Bearbeitung in der Gruppe oder im Team, wenn es um Fallarbeit geht. Nicht, wenn es um Teamthemen wie Zusammenarbeit geht, sondern wenn jemand aus dem Team oder in der Gruppe ein Anliegen hat, dann ist das ein ganz schönes Vorgehen. Also die Supervisorin oder der Supervisor beginnt erstmal die Gruppenmitglieder zu instruieren und zu sagen, wenn die Falleinbringerin oder Falleinbringer jetzt ihr Anliegen schildert, dann bitte schaltet euer Ressourcen-Uhr ein.
Das ist wie so etwas wie ein drittes Auge. Also man hört Dinge, die gar nicht so deutlich ausgesprochen sind vielleicht. Man muss es schon wirklich weit aufmachen, das Ressourcen-Uhr, um möglichst viel damit zu kriegen. Also stellt euch vor, das ist wie so ein drittes Auge, was dann ganz aufmerksam ist. Das ist sozusagen der Vorspann Achtet darauf, was erzählt wird, was läuft gut oder was läuft ansatzweise schon gut.
Was sind die stärken Fähigkeiten, die schon anklingen dabei und wie können sich auch Probleme vermeiden lassen oder wie werden sie vermieden. Dann wird die Falleinbringerin gebeten, ungefähr zehn Minuten zu erzählen, ihr Anliegen darzustellen. Und dann würdigt ihr als Supervisorin als Supervision erst mal die Schwere der Situation oder die Bedeutung oder was immer es ist an der Stelle.
Dass ihr sagt, ja, das ist wirklich eine herausfordernde Situation, die du uns da gerade geschildert hast oder in der Richtung. Und dann bittet ihr die anderen, dass sie vorlesen das habe ich hier nebendran geschrieben, aufschreiben Sie vorlesen was Sie aufgeschrieben haben, was Sie mit Ihrem großen Ressourcenohr gehört haben.
Dann gibt es die Reaktion der Falleinbringerin und häufig genügt das schon bis hierher. Das kommt immer mal wieder vor, dass die Falleinbringerin sagt, danke, das war jetzt so nützlich, ich brauche gar nichts weiter. Es kann aber auch sein, dass ihr den Eindruck habt, jetzt geht es doch noch mal weiter und ihr fragt noch mal nach, wenn wir jetzt weiterarbeiten, was ist dann dein Ziel, was wäre dann ein gutes Ergebnis für euch und so.
Also ein bisschen Richtung Zielarbeit und dann weiterarbeitet. Aber häufig ist es wirklich so, dass hier schon genug ist für die Falleinbringung. Wenn die Gruppe nicht so klein ist, wenn es nicht nur drei Leute sind, dann kommen natürlich viele Fähigkeiten und Ressourcen, die da vorgelesen werden und häufig reicht das schon.
Und dann kommt die Reaktion, also was hast du gehört, was macht Eindruck auf dich, was bewegt dich mit dem, was du gehört hast, was klingt an, das hast du immer so schön gesagt, das klingt an bei mir oder das dockt an, wie auch immer. Und da würde ich euch einladen wollen, das nochmal auszuprobieren in einer kleinen Supervisionssequenz.
Über Heidi Neumann-Wirsig
Heidi Neumann-Wirsig zählt zu den Pionierinnen der systemischen Supervision in Deutschland. Die Diplom-Sozialarbeiterin (Jg. 1950) prägt die systemische Szene seit über 35 Jahren.
Ihre Expertise:
- Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Supervision (DGSv), 1989-1992 im Gründungsvorstand
- Initiatorin der renommierten "Supervisionstage Freiburg/Heidelberg" (1992-2006) • Ehemalige Geschäftsführerin der BTS Mannheim mit jahrzehntelanger Leitung von Supervisionsausbildungen
- Autorin und Herausgeberin mehrerer Standardwerke:
– "Supervisions-Tools" (2016)
– "Lösungsorientierte Supervisions-Tools" (2018): hier ist die Ressourcenohr-Methode veröffentlicht
– "Jedes Mal anders: 50 Supervisionsgeschichten" (2021) - Zertifizierungsgremium Coaching der Systemischen Gesellschaft (SG) gemeinsam mit Claudia Pfeifer vom ABIS Institut
Ab Januar 2026 ist Heidi Neumann-Wirsig unter ihrer neuen Homepage erreichbar: www.heidineumannwirsig.de
Eine Methode für die Fallsupervision: Ressourcenohr
Was ist das Ressourcenohr?
Das Ressourcenohr ist eine Methode der Fallsupervision aus der lösungsfokussierten Supervision. Die Technik stammt ursprünglich von Insoo Kim Berg, Pionierin der lösungsfokussierten Kurztherapie, und wurde von Nicole Bellaire für die Supervision weiterentwickelt. Heidi Neumann-Wirsig hat sie in ihrem Sammelband "Lösungsorientierte Supervisions-Tools" veröffentlicht.
Die Grundidee: Während eine Supervisandin von ihrem "schwierigen Fall" erzählt, hören die anderen nicht mit dem Problemohr zu (Was läuft schief? Wo sind die Schwierigkeiten?), sondern mit dem Ressourcenohr (Welche Stärken zeigen sich? Was funktioniert trotz allem?).
Warum das funktioniert:
"Sehr schwierige Fälle" verstellen oft den Blick auf bisherige positive Entwicklungen und mögliche Lösungen. Das Ressourcenohr lenkt die Aufmerksamkeit auf Fähigkeiten und Stärken – selbst in schwierig empfundenem Verhalten.
Die Methode basiert auf einer veränderten Haltung beim Zuhören:
- Der Problembeschreibung der Supervisand:in mit dem Ressourcenohr zuhören
- Der Filter-Wechsel: Während wir zuhören, scannen wir das Gesagte gleichzeitig nach verdeckten Kompetenzen. Wo hat die/der Supervisand:in bereits gehandelt? Welche Ressourcen und Kompetenzen zeigten sich da?
- Würdigung der Schwere: Die Schwere der Situation der Fallgebenden wird gewürdigt. Es darf sein.
- Das Feedback: Wir geben der/dem Supervisand:in ein Feedback zu den Ressourcen, die wir "herausgehört" haben.
Die Methode Schritt für Schritt: So geht's
Schritt 1: Die Instruktion (2 Minuten)
Die Supervisorin erklärt das Setting:
An die Falleinbringerin:
"Ich bitte Sie, zehn Minuten von Ihrem Anliegen zu erzählen. Niemand wird Sie unterbrechen. Erzählen Sie alles, was Ihnen wichtig erscheint."
An die Gruppe:
"Ihre Aufgabe: Hören Sie mit dem Ressourcen-Ohr zu. Das ist wie das berühmte 'dritte Auge' – nur für die Ohren. Sie nehmen wahr, was normalerweise überhört wird:
- Was macht die Falleinbringerin schon richtig oder gut?
- Welche Fähigkeiten zeigen sich, bei ihr und beim Klienten?
- Was läuft trotz der Schwierigkeiten schon ganz gut?
Notieren Sie alle Ressourcen. Bleiben Sie dabei, auch wenn Ihnen Probleme oder Ursachen in den Kopf kommen."
Schritt 2: Die Problemerzählung (10 Minuten)
Die Supervisandin erzählt. Typischerweise eine Geschichte über Probleme, Schwierigkeiten, Blockaden. Die anderen hören zu, mit Stift und Papier. Und notieren Ressourcen.
Schritt 3: Die Würdigung und Rückmeldung (15 Minuten)
Entscheidend: Die Supervisorin würdigt zuerst die Schwere.
"Vielen Dank für Ihre Erzählung. Es ist sehr deutlich geworden, dass das keine leichte Situation für Sie ist. Und ich bin beeindruckt, dass Sie trotzdem einen weiteren Versuch starten, die Situation zu verbessern."
Erst dann kommen die Ressourcen:
"Bitte hören Sie jetzt zu und lassen die Beobachtungen auf sich wirken – auch wenn Sie den Impuls spüren zu widersprechen."
Die Gruppe teilt mit, was sie gehört hat:
"Der Klient hat trotz der prekären Situation nicht aufgegeben und möchte ein besseres Leben."
"Sie haben drei Termine organisiert. Sie geben nicht auf."
"Die Klientin kommt immer noch. Sie sucht aktiv nach Veränderung."
Schritt 4: Die Weiterarbeit (offen)
Jetzt gibt's viele Möglichkeiten:
- Zielklärung: "Woran werden Sie merken, dass die Supervision hilfreich war?"
- Ressourcen nutzen: "Welche dieser Ressourcen gibt Ihnen Hoffnung?"
- Nächste Schritte: "Was wäre ein kleiner erster Schritt?"
Für wen eignet sich die Ressourcenohr-Methode?
Die Methode eignet sich besonders für:
– Systemische Supervisor:innen
– Coaches
– Therapeut:innen
– Führungskräfte
– Pädagog:innen
– Organisationsberater:innen
– Teamleitungen
Sie wird primär in der Fallsupervision erfolgreich eingesetzt.
Stolperfallen
Falle 1: Die Würdigung vergessen
Direkt zu den Ressourcen springen fühlt sich an wie Schönreden. Erst die Schwere anerkennen: "Das ist keine leichte Situation."
Falle 2: Ressourcen als Lob formulieren
Nicht: "Toll, dass Sie durchhalten!"
Sondern: "Ich habe gehört, dass Sie drei Termine organisiert haben."
→ Beobachtung statt Bewertung
Falle 3: Zu früh wieder ins Problem rutschen
Die Gruppe will helfen und fragt: "Warum klappt das nicht?"
→ Die Supervisorin hält den Fokus: "Bleiben wir noch bei den Ressourcen."
Falle 4: Die Supervisandin widerspricht jeder Ressource
"Ja, aber das hat doch nichts gebracht..."
→ Die Supervisorin bittet: "Hören Sie erst mal nur zu. Lassen Sie es wirken."
Vom Impuls zur Kompetenz: Der Weg zur professionellen Supervision
Ein Video gibt einen Impuls. Ein Workshop zeigt, wie's geht. Aber echte Handlungssicherheit entsteht nur durch:
- Methoden-Vielfalt üben
- Feedback bekommen
- Die eigene Haltung reflektieren
- Mit echten Teams arbeiten
Genau hier setzt unsere Aufbauweiterbildung Systemische Supervision (SG) an.
Was Sie in der Weiterbildung am ABIS erwartet
Die nächste Aufbauweiterbildung startet im März 2026 in Leipzig. Sie richtet sich an erfahrene systemische Berater:innen, Therapeut:innen und Coaches, die ihre Perspektive erweitern wollen, weg von der Arbeit mit Einzelklient:innen, Paaren und Familien hin zur Meta-Ebene der Supervision.
Methoden-Vielfalt:
Lernen Sie Tools wie das Ressourcenohr, Skulpturarbeit, Teamline und Reflecting Teams nicht nur theoretisch, sondern in der direkten Anwendung mit echten Fällen.
Praxis-Transfer:
Sie supervisieren echte Teams und Prozesse. Sie bekommen Videofeedback. Sie reflektieren Ihren Stil in einer festen Lehrsupervisionsgruppe.
75 Stunden Supervision inklusive:
Von SG-zertifizierten Lehrsupervisor:innen. Ohne Aufpreis.
Kleine Gruppe:
Maximal 16 Teilnehmende. Zeit für Ihre Fragen. Raum zum Üben. Kein Massenabfertigung.
SG-Zertifizierung:
Der Abschluss entspricht den Qualitätsstandards der Systemischen Gesellschaft und berechtigt zur Erlangung des Zertifikats "Systemische Supervision (SG)".
Berufsbegleitend:
8 Seminare über 1 Jahr (22 Tage). Alle Termine stehen fest, sodass Sie frühzeitig mit Ihrem Arbeitgeber planen können.
Die Aufbauweiterbildung Systemische Supervision am ABIS Leipzig entspricht den Qualitätsstandards der Systemischen Gesellschaft (SG) und wird von erfahrenen SG-zertifizierten Lehrsupervisor:innen durchgeführt. Absolvent:innen erfüllen damit eine der wichtigsten Qualitätsvoraussetzungen für professionelle Supervision in Deutschland.
Systemische Supervision in Leipzig & Mitteldeutschland
Das ABIS Institut Leipzig bildet seit vielen Jahren Fachkräfte aus Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und ganz Deutschland in Systemischer Supervision, Beratung, Coaching und Organisationsentwicklung aus. Die Nachfrage nach professioneller Supervisionsausbildung in Leipzig wächst kontinuierlich, insbesondere im pädagogischen, psychosozialen, medizinischen und wirtschaftlichen Kontext.
Start: Frühjahr 2026 (März/April) Ort: ABIS Institut Leipzig (Ehrensteinstraße)
Alle Details zur Weiterbildung Systemische Supervision finden Sie hier.
Sie möchten sich einen Platz in der Supervisionsausbildung 2026 in Leipzig sichern? Vereinbaren Sie jetzt Ihr kostenfreies persönliches Beratungsgespräch mit dem ABIS Team.
Häufige Fragen zur Methode und Ausbildung
Was ist der Unterschied zwischen Systemischer Beratung und Supervision?
Während die Systemische Beratung direkt mit Klient:innen (Einzelpersonen, Familien) an deren Herausforderungen arbeitet, ist die Supervision die "Beratung der Beratenden". Sie findet auf einer Meta-Ebene statt. In unserer Ausbildung am ABIS lernen Sie, professionelle Reflexionsprozesse für Teams und Gruppen zu leiten.
Ist die Methode "Ressourcenohr" Teil der Ausbildung?
Ja, die Ressourcenohr-Methode ist fester Bestandteil unserer SG-anerkannten Aufbauweiterbildung Systemische Supervision am ABIS Institut Leipzig. Die Teilnehmenden lernen die Methode sowohl theoretisch fundiert als auch praxisnah in echten Supervisionsfällen anzuwenden.
Kann ich mich für die Supervision anmelden, wenn ich woanders systemisches Arbeiten gelernt habe?
Absolut. Unsere Aufbau-Weiterbildung steht allen Fachkräften offen, die eine abgeschlossene Weiterbildung in Systemischer Beratung, Coaching oder Therapie (DGSF/SG) vorweisen können, egal an welchem Institut sie diese absolviert haben.
Wir freuen uns über die Vielfalt der "Schulen" in unseren Kursen und begrüßen regelmäßig Teilnehmende aus ganz Deutschland. Qualität spricht sich rum.
Was ist systemische Supervision?
Systemische Supervision ist ein professionelles Beratungsformat zur Reflexion von beruflichen Rollen, Teams, Fällen und Organisationsprozessen. Sie unterstützt Fach- und Führungskräfte dabei, ihre Handlungsfähigkeit in komplexen Arbeitskontexten zu erweitern. In der Systemischen Supervision werden Wechselwirkungen zwischen Personen, Teams, Organisationen und Aufträgen betrachtet, um nachhaltige Lösungen zu entwickeln.
Warum Systemische Supervision am ABIS Leipzig?
Das ABIS Institut Leipzig verbindet fachliche Exzellenz, langjährige Ausbildungserfahrung, SG-Zertifizierung und einen starken Praxisbezug. Unsere Weiterbildung ist bundesweit anerkannt und richtet sich an Menschen, die Supervision professionell, wirksam und verantwortungsvoll anbieten möchten.